Befruchtung im ReagenzglasSo läuft die In-vitro-Fertilisation ab
Die In-vitro-Fertilisation gilt als aussichtsreiche Behandlung bei Kinderwunsch. Wie diese Form der künstlichen Befruchtung abläuft, mit welchen Kosten, aber auch Risiken zu rechnen ist.
In der Alltagsspräche wird die In-vitro-Fertilisation, kurz IVF, häufig als «künstliche Befruchtung» bezeichnet. Ganz korrekt ist dies nicht, denn bei der klassischen In-vitro-Fertilisation findet das Spermium selbst den Weg in die Eizelle, ganz natürlich, nur eben nicht im Körper der Frau, sondern im Labor. Ärzte sprechen deswegen auch von einer extrakorporalen Befruchtung.
Was die In-vitro-Fertilisation ist
Die Bezeichnung des Verfahrens stammt aus dem Lateinischen und heisst auf Deutsch «Befruchtung im Glas», gemeint sind dabei aber Laborschälchen. Bei der IVF werden Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau durch Spermien des Partners in einer Nährstofflösung befruchtet. Das gelang erstmals erfolgreich in England, wo im Sommer 1978 das Mädchen Louise Brown auf die Welt kam.
Das Wichtigste in Kürze
- Die IVF-Behandlung dauert mehrere Wochen.
- Das Verfahren ist fehleranfällig.
- Die Kosten müssen in der Schweiz selbst getragen werden.
Eine künstliche Befruchtung ist für Paare mit Kinderwunsch eine Option, wenn die Frau wegen einem Verschluss der Eileiter, Endometriose oder dem PCO-Syndrom nicht auf natürlichem Wege schwanger werden kann. Das Verfahren wird auch angewendet, wenn die Frau Antikörper gegen die Samenzellen ihres Partners bildet oder alle bisherigen Methoden bisher nicht zu einer Schwangerschaft führten.
Eine Voraussetzung für die IVF ist, dass der Partner zeugungsfähig ist. Sollte die Spermienqualität schlecht sein, wird bei der IVF zusätzlich die sogenannte Intracytoplasmatische Spermatozoen-Injektion, kurz ICSI genannt, angewendet. Dabei wird ein Spermium direkt in die Eizelle eingeführt und eine Befruchtung noch wahrscheinlicher.
Wie das IVF-Verfahren abläuft
Zu Beginn der künstlichen Befruchtung muss die Frau entscheiden, ob ihr eine Eizelle im natürlichen Zyklus entnommen werden soll, oder sie eine Hormontherapie bevorzugt.
1. Die Eizellreifung wird stimuliert
Ziel ist, dass die Eierstöcke, mehrere Eibläschen reifen lassen. Dadurch können nicht nur eine Eizelle, sondern gleich bis zu 20 entnommen werden. Je nach Behandlung werden verschiedene Hormonpräparate eingesetzt. Meist sind dies Clomifen in Form von Tabletten, FSH, LH und hMG als Injektion sowie GnRH-Agonisten oder Antagonisten.
Clomifen stimuliert indirekt die Hormonbildung in den Eierstöcken, indem es die erhöhte Produktion von den Hormonen der Hirnanhangsdrüse, FSH und LH, veranlasst. Die Hormoninjektion mit FSH und Co. regt die Eierstöcke direkt zur Reifung vieler Eizellen an. Die GnRH-Analoga und Antagonisten drosseln die körpereigene Hormonfunktion, wodurch die Eizellreifung und der Eisprung besser kontrolliert werden können.
2. Eisprung einleiten
Eine Woche nach Beginn der Hormonbehandlung werden die heranwachsenden Follikel mithilfe des Ultraschalls und Hormonwerten im Blut auf Grösse und Reife kontrolliert. Sind sie reif, werden die stimulierenden Hormone abgesetzt und der Eisprung durch eine HCG-Injektion oder einen GnRH-Agonisten ausgelöst.
3. Eizellen entnehmen
36 Stunden nach dem Auslösen des Eisprungs werden die Eizellen mit einer langen Nadel entnommen. Diese Follikelpunktion wird meist durch die Scheide gemacht und mit dem Ultraschall beobachtet. Selten ist auch eine Bauchspiegelung nötig. Für den Eingriff werden oft Beruhigungs- und Schmerzmittel oder eine Narkose eingesetzt.
4. Eizellen und Samenzellen zusammenführen
Die entnommenen Eizellen kommen anschliessend in eine Nährlösung. Dort werden einige 100.000 Spermien, die der Mann kurz zuvor durch Masturbation gewonnen hat, zu den Eizellen gegeben. Das beste Spermium sucht sich dann selbst den Weg in die Eizelle.
Die kultivierten Ei- und Samenzellen werden in einem Brutschrank aufbewahrt, bis eine Befruchtung stattgefunden hat. Nach rund 18 Stunden sind die ersten Anzeichen der Befruchtung erkennbar. Dabei kann es vorkommen, dass mehr Eizellen befruchtet werden, als der Frau wieder zurück in die Gebärmutter übertragen werden können. In der Schweiz ist es dann möglich, diese Embryonen einzufrieren und zu einem späteren Zeitpunkt zu übertragen.
5. Embryonen vorhandeln
In der Schweiz ist in manchen Fällen die genetische Untersuchung der Embryonen erlaubt. Die Präimplantationsdiagnostik kommt zum Beispiel zum Einsatz, wenn die Eltern Träger schwerer Gendefekte sind oder auf normalem Wege keine Kinder bekommen können. Durch die Auswahl von gesunden, genetisch unauffälligen Embryonen, wird die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöht.
6. Embryonen übertragen
Wenn sich Embryonen gut weiterentwickelt haben, werden sie über einen biegsamen dünnen Katheter durch die Scheide wieder zurück in den Körper der Frau übertragen. Das findet meist zwei bis fünf Tage nach der Entnahme statt. Gesetzlich beschränkt ist die Zahl der übertragenen Embryonen, in der Schweiz sind dies maximal drei. Dieser Embryotransfer ist nicht schmerzhaft und wird ohne Narkose durchgeführt. Danach folgt im Idealfall die Einnistung des Embryos in die Schleimhaut der Gebärmutter.
7. Kontrolluntersuchungen
Zwei Wochen nach der Übertragung der Embryonen lässt sich das Schwangerschaftshormon HCG im Urin und Blut messen und eine Schwangerschaft feststellen, ganz normal wie zu Beginn der fünften Schwangerschaftswoche. Um sicher zu gehen, wird bei einer IVF einen Monat nach der Befruchtung mithilfe vom Ultraschall der Stand der Schwangerschaft genau begutachtet.
Erfolgschancen der IVF
Die Erfolgschancen der künstlichen Befruchtung liegen bei einer IVF-Behandlung zwischen 30 bis 40 Prozent pro Zyklus. Anhängig ist der Erfolg vom Alter des Patientenpaares, der hormonellen Ausgangssituation, Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck sowie Übergewicht, Stress, Nikotin- und Alkoholkonsum.
Kosten und Risiken der IVF
Während in der Schweiz die Kosten für die Abklärung der Unfruchtbarkeit und teilweise auch für die Insemination von den Krankenkassen übernommen werden, müssen die Patienten bei der IVF die Kosten komplett selber tragen. In der Schweiz liegen die Kosten für eine künstliche Befruchtung zwischen 5000 bis 7600 Franken. Dabei ist das Risiko einer Fehlgeburt hoch. Die Erfolgsrate von In-vitro-Fertilisation liegt nur bei rund 20 Prozent.
Die IVF ist mit grossen Hoffnungen bei den Paaren verbunden, die sich behandeln lassen, doch sie ist auch nicht ohne Risiken. So kann es infolge der Hormonspritze zu einer Überstimulation der Eierstöcke kommen. Eine Überreaktion zeigt sich ins besondere durch Bauchschmerzen sowie einer starken Gewichtszunahme von mehr als zwei Kilogramm.
Ein weiteres Risiko besteht in der Bildung von sogenannten Zysten nach dem Embryotransfer. Darüber hinaus kann der Einstich mit der Punktionsnadel zu Blutungen in der Scheide, seltener auch im Bauchraum, führen. Nicht auszuschliessen sind letztlich Infektionen im Bauchraum oder Verletzungen von Organen.
Da beim Embryotransfer bis zu drei befruchtete Eizellen in die Gebärmutter übertragen werden, ist auch das Risiko für Zwillings- und Mehrlingsgeburten entsprechend höher.