Leben ohne KinderSo lässt sich der unerfüllte Kinderwunsch verarbeiten

Schock, Wut, Isolation: Paare, die ungewollt kinderlos bleiben, können ihre Situation nur schwer akzeptieren. Die häufigsten Phasen und was hilft, den unerfüllten Kinderwunsch besser zu verarbeiten.

Umgang mit Kinderlosigkeit 
Wenn der Traum von einer Schwangerschaft wie eine Seifenblase geplatzt ist, muss ein Paar diesen Verlust verarbeiten und sich neu orientieren © iStock / Getty Images Plus

Obwohl die Medizin sich ständig weiterentwickelt und viele Paare mit Kinderwunsch mithilfe künstlicher Befruchtung schwanger werden, ist dieses Glück nicht allen beschert. Zum einen kommt nicht für alle Menschen eine solche Behandlung infrage, zum anderen muss auch sie nicht von Erfolg gekrönt sein. Zudem sind die Untersuchungen und Behandlungen belastend – körperlich und psychisch.

Phasen der Verarbeitung ungewollter Kinderlosigkeit

Manche Paare setzen sich Grenzen, wie weit sie für ihren Kinderwunsch gehen können. Andere probieren alles aus bis zur Erschöpfung. Ist eine Schwangerschaft so gut wie ausgeschlossen, sind die Reaktionen auf diese Nachricht der Ärzte sehr unterschiedlich.

Häufig schliesst sich an den ersten Schock die Verleugnungsphase an, in der nochmals andere Ärzte aufgesucht werden. Die anschließende Phase der Wut über das eigene Schicksal kann sich gegen den Partner, gegen sich selbst, aber auch gegen Frauen mit Kindern richten.

Danach kommen häufig Schuldgefühle auf. Vor allem Frauen haben Schuldgefühle, dass sie kein Kind bekommen können und haben Angst, das Leben nicht mehr bewältigen zu können. Deswegen sind auch Phasen der Isolierung nichts Ungewöhnliches. Die Gesellschaft von Kindern kann von Betroffenen manchmal nicht ertragen werden. Auch Depressionen können Folge der Unfruchtbarkeit sein.

Professor Johannes Bitzer vom Universitätsspital Basel beschreibt das subjektive Erleben «als Kränkung, Verlust, Bedrohung oder Bestrafung». Der ehemalige Chefarzt der Frauenklinik weist auf viele unterschiedliche psychologische Ansätze zur Hilfe bei Unfruchtbarkeit hin, von Informationsvermittlung oder Unterstützung bei der Stressbewältigung bis zur Verhaltenstherapie.

Glücklich werden trotz ungewollter Kinderlosigkeit

Für manche Paare ist es aber auch erleichternd, endlich Gewissheit zu haben. Sie können mit dem Thema abschliessen und einen neuen Lebensweg finden.

Doch so leicht haben es nicht alle. Vielen Paaren erscheint das Leben in dieser Phase sinnlos, eine Zukunft ohne Kinder scheint wertlos. 

Die Kinderlosigkeit gegen den eigenen Willen zu akzeptieren, ist sehr schwer und kann von intensiven Gefühlen begleitet sein.

1. Trauer zulassen

Mit einer Trauerphase beginnt oft die Verarbeitung der Kinderlosigkeit. Trauer beinhaltet dabei meist auch, wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Hiernach sollte es zu einer Phase der Akzeptanz kommen. Das Leben, auch ohne Kinder, hat wieder einen Wert.

2. Psychologische Hilfe annehmen

Gespräche mit einem Psychologen können Paare oder nur einer der Partner in Anspruch nehmen. Der intensive Austausch hilft, die Gefühle besser zu verarbeiten. Nach der Psychotherapie kann dabei auch der Startpunkt für ein neues Leben sein. Ein Leben ohne Kinder wird anders verlaufen als ein Leben mit Kindern, muss jedoch nicht schlechter sein.

3. Austausch suchen

Von ungewollter Kinderlosigkeit sind über sechs Prozent der Bevölkerung betroffen. Viele tauschen sich über das Thema in Selbsthilfegruppen oder angeleiteten Gesprächsrunden darüber aus wie man damit umgeht, wenn man Frauen mit Babys trifft oder wie man sich für schwangere Freundinnen freuen kann.

4. Neue Freunde finden

Freundschaften mit anderen kinderlosen Paaren kann eine gute Unterstützung im Alltag und bei Urlauben sein. Gemeinsam lässt sich die schwierige Lebensphase besser durchstehen.

5. Unfruchtbarkeit als Schicksalsschlag sehen

In der heutigen Gesellschaft ist Unfruchtbarkeit nicht nur ein Tabu, sie wird oft auch als individuelles Versagen gesehen. Die Betroffenen fühlen sich oft als seien sie gescheitert, das Selbstwertgefühl leidet. Dabei ist es ein Schicksalsschlag, der jeden treffen kann. Es kann befreiend sein, das Tabu zu brechen und über die Unfruchtbarkeit und die Probleme sie zu akzeptieren zu sprechen.

6. Neues Liebesleben

Häufig leidet das Sexualleben unter dem Druck, endlich ein Kind zu zeugen, nicht selten zerbrechen daran auch die Beziehungen. Nachdem das Liebesleben viele Jahre lang den Diktionenen von Eisprung, fruchtbaren Tagen und vielleicht sogar den Empfehlungen der Ärzte unterlag, haben Paare jetzt wieder die volle Freiheit.

7. Pläne machen

Es ist nicht leicht, sich von einem grossen Wunsch zu verabschieden und gleichzeitig das Leben neu auszurichten. Wie könnte das Leben ohne Kinder aussehen? Wo möchte man leben? Wie möchte man arbeiten? Welche Reisen wünscht man sich? Zu einem Neustart gehören auch Pläne.

Publiziert von der Redaktion

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