Hilfe, es juckt!Warum wilde Blattern für Babys gefährlich sind
Meist haben Kleinkinder wilde Blattern, aber auch Babys sind nicht vor ihnen sicher. Doch wann macht eine Impfung Sinn, und was sind die besten Hausmittel? Das erfahren Sie hier.
Was sind wilde Blattern?
Wilde Blattern, auch spitze Blattern, Varizellen oder Windpocken genannt, sind eine hochansteckende Krankheit, die vom Varizella-Zoster-Virus ausgelöst wird. Sie wird vorwiegend durch Speicheltröpfchen beim Husten oder Niesen übertragen. Kleinkinder sind am häufigsten von dem juckenden Ausschlag betroffen. Daher werden wilde Blattern auch als Kinderkrankheit bezeichnet. Bis zur Pubertät infizieren sich 90 Prozent aller Kinder in der Schweiz. Dies ist normal und sogar erwünscht, denn die Krankheit verläuft im Kindesalter meist harmlos und hinterlässt einen lebenslangen Schutz.
Der Körper entwickelt durch die Erkrankung Abwehrkörper, die ihn gegen den Varizella-Zoster-Virus immun machen. Der Erreger verschwindet jedoch nie ganz, sondern verbleibt «schlafend» in den Nervenzellen des Rückenmarks. In 20 Prozent der Fälle führt eine Immunschwäche im Erwachsenenalter zur erneuten Aktivierung des Virus. Diese Zweiterkrankung heisst Gürtelrose, auch Herpes Zoster genannt, und führt zu einem schmerzhaften streifenförmigen Hautausschlag.
So werden die Windpocken übertragen
Wilde Blattern können auf zwei Arten übertragen werden:
1. Tröpfcheninfektion durch Husten oder Niesen
2. Schmierinfektion durch den Kontakt zur Flüssigkeit aus geplatzten Bläschen
Eine Ansteckung lässt sich kaum vermeiden, besonders bei Kleinkindern. Denn Windpocken sind bereits 48 Stunden vor Auftreten der Bläschen bis zu ihrem Verkrusten ansteckend. Zudem ist die Gefahr für eine Ansteckung zu Beginn der Erkrankung am grössten. Eben dann, wenn noch keine Bläschen zu sehen sind.
Wilde Blattern werden auch Windpocken genannt, da sie über einige Meter in der Luft übertragen werden können. Sie überleben, je nach Feuchtigkeit, in einem Raum etwa zehn bis 15 Minuten. Berührt eine erkrankte Person also beispielsweise einen Türgriff, bleiben die Viren dort für eine gewisse Zeit hängen. Fasst ein anderes Kind später erst diesen Türgriff an und dann mit den Fingern an den Mund, hat es sich schon angesteckt.
Abwehrgeschwächte Kinder und Erwachsene haben ein höheres Ansteckungsrisiko, als Personen mit einem guten Immunsystem. Als klassische Windpockenzeit gelten Winter und Frühling.
Symptome und Verlauf der Infektion
Die Inkubationszeit, also der Zeitraum von der Infektion bis zu den ersten Symptomen, beträgt zwischen zehn und 21 Tagen. Die ersten eintretenden Symptome sind der Grippe ähnlich. Der Erkrankte hat Kopf- und Gliederschmerzen sowie leichtes Fieber.
Schon am nächsten Tag tritt der typische Hautausschlag auf: Zuerst sind es nur kleine, rote Flecken. Dann kommen Bläschen und Schorf dazu, die sich über den Körper, Gesicht und Schleimhäute, insbesondere im Mund und an den Genitalien, ausbreiten. Die Hautveränderungen können in verschiedenen Stadien oder auch gleichzeitig auftreten. Der Ausschlag löst in der Regel starken Juckreiz aus.
Sind die wilden Blattern ausgebrochen, dauert es im Durchschnitt zehn Tage, bis die Bläschen verkrusten, abheilen und nicht mehr ansteckend sind. In diesem Zeitraum sollte das erkrankte Kind so wenig wie möglich in Kontakt mit anderen Menschen kommen. Bei einem intakten Immunsystem verlaufen Windpocken gutartig und verschwinden ohne Nachwirkungen wieder.
Hausmittel zur Behandlung
Es ist besonders wichtig, dass Kinder sich die Bläschen nicht aufkratzen. Denn so erhöht sich nicht nur das Risiko für Folgeinfektionen, weil Bakterien in die Wunde gelangen. Es bleiben auch hässliche Narben zurück.
Deswegen ist es sinnvoll, Kindern die Fingernägel kurz zu schneiden und glatt zu feilen. Schweiss und Reibung auf der entzündeten Haut sollte vermieden werden. Ein kühles Raumklima, maximal 18 Grad Celsius, und eine niedrige Luftfeuchtigkeit sind ideal. Weite Baumwollkleidung scheuert nicht. Das mindert den Juckreiz.
Auch feuchte kühle Kompressen auf der juckenden Haut werden als angenehm empfunden. Diese können in eine austrocknende Lösung getränkt werden, beispielsweise mit Zink. Das beschleunigt die Verkrustung der Bläschen.
Ein bewährtes Hausmittel sind Kamillentee-Umschläge. Dazu werden frische Handtücher in abgekühlten Kamillentee getränkt und auf die juckende Stelle gelegt oder auf die Bläschen getupft. Die Haut sollte danach nicht abgewaschen werden, damit die Kamillentinktur in die Haut einziehen kann.
Medikamente zur Behandlung
Bei sehr starkem Juckreiz kann beim Arzt nach Anthistaminika gefragt werden. Das Kinderspital in Zürich empfiehlt das Mittel Dimetindenmaleat. Lotionen und Cremes mit juckreizstillenden Medikamenten sind ebenfalls eine gute Option. Hier sei laut dem Kinderspital das Mittel Antipruriginosa wirksam.
Fieber wird mit Paracetamol oder Ibuprofen behandelt. Oftmals verschreibt der Arzt bei Kindern Fieberzäpfchen. Acetylsalicylsäure, welche beispielsweise in Aspirin enthalten ist, ist bei Kindern mit einer Virusinfektion verboten. Denn sie kann das seltene und lebensgefährliche Reye-Syndrom hervorrufen, eine Schädigung von Gehirn und Leber.
Wann ein Arzt informiert werden sollte
Zwar verläuft die Erkrankung bei Kindern meist harmlos, jedoch können in Einzelfällen Komplikationen auftreten. Dazu gehören Ohrenschmerzen und Kopfschmerzen, die mit Paracetamol nicht besser werden, Mühe beim Atmen, Anzeichen für eine bakterielle Hautinfektion, Erbrechen sowie Zittrigkeit und unsicheres Gehen. Personen mit einer Immunschwäche sind besonders gefährdet und sollten umgehend einen Arzt aufsuchen.
Wilde Blattern bei Babys bis zu drei Monaten
Bei Neugeborenen und Babys bis zum dritten Lebensmonat sind wilde Blattern sehr selten. Nur wenn die Mutter sich spät in der Schwangerschaft oder in den ersten Tagen nach der Geburt angesteckt hat, können sich Neugeborene infizieren. Im Körper der Mutter konnten sich dann noch keine schützenden Antikörper bilden, das Baby hat also keinen Nestschutz mitbekommen. Dies ist lediglich bei fünf Prozent der Frauen in der Schweiz der Fall, aber trotzdem gefährlich. Um schwere Infektionen zu vermeiden, erhält das Baby eine spezielle Antikörper Injektion, das Varizella-Zoster-Immunglobulin (VZIG). Das ist eine passive Impfung mit Antikörpern. Diese bietet einen sofortigen Schutz, der jedoch nur für drei Monate anhält.
Wilde Blattern in der Schwangerschaft
Im Gegensatz zum Kindesalter können Windpocken bei Erwachsenen zu einer Lungen- oder Hirnhautentzündung führen. Besonders vorsichtig müssen deshalb nicht immune Schwangere sein. Denn wenn die Frau während der Schwangerschaft das erste Mal an Windpocken erkrankt, kann dies nicht nur schwerwiegende Folgen für sie selbst, sondern auch für die gesunde Entwicklung des Babys haben.
Bei einer Erstinfektion vor der 8. Schwangerschaftswoche kann es in seltenen Fällen zu einer Fehlgeburt kommen. Erkrankt die schwangere Frau zwischen der 8. und 20. Schwangerschaftswoche, kann es in ein bis zwei Prozent der Fälle zum angeborenen Varizellensyndrom (CVS) kommen. Dieses äussert sich durch Fehlbildungen der Gliedmassen, Augen, Haut, Darm, Blase und des Gehirns. Zudem können beim Baby Wachstumsschwierigkeiten in der Spätschwangerschaft auftreten.
Bei einer Infektion zwischen der 20. und 36. Schwangerschaftswoche erkrankt das Baby nicht, jedoch bleibt das Virus im Körper und kann in den ersten Lebensjahren als Gürtelrose aktiv werden. Sollte sich die Mutter nach der 36. Schwangerschaftswoche und bis zu drei Wochen nach der Geburt mit wilden Blattern anstecken, überträgt sich die Infektion auf Ihr Baby. Auch in diesem Fall erhält das Kind die ZIG-Injektion.
Deswegen gilt: Schwangere sollten unbedingt den Kontakt zu an Windpocken erkrankten Personen meiden. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie mit Windpocken in Kontakt gekommen sind, sollten Sie bei Ihrem Arzt einen Bluttest zur Überprüfung Ihrer Immunität durchführen lassen.
Wann eine Impfung gegen wilde Blattern infrage kommt
Babys
Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Impfung gegen Windpocken im Alter von neun bis zwölf Monaten. Diese wird seit 2019 als Vierfach-Impfung zeitgleich mit der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung geimpft, oder frühestens vier Wochen danach. Vier bis sechs Wochen nach der ersten Impfung erfolgt dann eine zweite Teilimpfung. Es kann auch ein Kombinationsstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken angewendet werden. Da Windpocken im Kindesalter meist gutartig sind, müssen Babys jedoch so früh noch nicht geimpft werden.
Teenager
Sind Jugendliche im Alter von elf bis 15 Jahren noch nicht an Windpocken erkrankt, sollte in jedem Fall eine Impfung zur Vorbeugung durchgeführt werden. Denn eine Infizierung mit Windpocken im Jugend- und Erwachsenenalter zieht schwere Komplikationen nach sich, oft verbunden mit einer Behandlung im Spital. Auch im Zweifel, ob man die Krankheit gehabt hat, sollte geimpft werden. Wird jemand geimpft, der schon immun ist, neutralisieren die vorhandenen Antikörper den Virus sofort und ohne Nebenwirkungen.
Kinderwunsch-Paare
Frauen mit Kinderwunsch, die noch keine Windpocken hatten, können sich ebenfalls impfen lassen. Wichtig: Eine Schwangerschaft muss im Monat nach der Impfung verhindert werden.
Schwangere
Schwangere dürfen nicht geimpft werden. Daher sollten sich Kinder und Erwachsene, die Kontakt mit der nicht-immunen Schwangeren haben, impfen lassen.
Erwachsene
Generell empfiehlt sich eine Impfung für nicht-immune Personen, die vor einem Eingriff stehen, der das Immunsystem schwächt. Dies gilt ebenfalls für Patienten, die unter schwerer Neurodermitis oder Leukämie leiden.
Frühchen
Frühgeborene Säuglinge, die vor der 33. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen oder mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm geboren werden, werden geimpft. Denn ihr Immunsystem ist noch nicht ausgereift und sie brauchen den Schutz.