Ein bunter HaufenSo aussagekräftig ist das Spermiogramm

Wie fruchtbar ist der Mann? Ein Spermiogramm gibt Auskunft über die Spermaqualität und die Chancen, natürlich ein Kind zu zeugen. Doch die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren.

Ein Spermiogramm bei unerfülltem Kinderwunsch
Das Spermiogramm zeigt klar und deutlich: Jedes Spermium ist anders. © iStock / Getty Images Plus

Bei Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch liegen die Gründe statistisch jeweils zur Hälfte bei Mann und Frau. Während Ärzte meist zuerst die Fruchtbarkeit der Frau untersuchen, gehört anschliessend auch ein Spermiogramm des Mannes zur normalen Abklärung des ausbleibenden Babyglücks. Insbesondere, wenn sich nach einem Jahr mit regelmässigem Geschlechtsverkehr an den fruchtbaren Tagen noch keine Schwangerschaft eingestellt hat.

Eine mögliche Ursache der Fruchtbarkeitsstörung ist eine schlechte Samenqualität. Bei einer Laboruntersuchung wird das Sperma getestet und ein Spermiogramm erstellt. Die Beurteilung erfolgt auf der Grundlage von Normwerten der Weltgesundheitsorganisation, WHO.

Wie ein Spermiogramm erstellt wird

Der Ablauf eines Spermiogramms ist unkompliziert. In der Regel findet die Untersuchung beim Urologen oder in einem Spital statt. Voraussetzung für eine aussagekräftige Laboranalyse ist, dass der Mann zwei bis sieben Tage vor der Abgabe seiner Probe nicht ejakuliert hat.

Was bei einem Spermiogramm gemacht wird.
Spermien werden in einem sterilen Plastikgefäss mit Schraubverschluss abgegeben. © iStock, Thinkstock

Im Labor der Praxis oder der Klinik gibt der Mann seine Samenprobe durch Masturbation in einen sterilen Plastikbecher mit Schraubverschluss ab. Rund eine halbe Stunde nach der Abgabe des Ejakulats beginnt die makroskopische und mikroskopische Analyse. Dies ist nötig, weil frische Spermien empfindlich sind und ihre Beweglichkeit schon nach einer Stunde abnimmt. Die Masturbation zu Hause durchzuführen, ist auch möglich. Dann muss das Sperma innerhalb einer Stunde ins Andologielabor gebracht und körperwarm transportiert werden.

Die Analyse konzentriert sich anhand der World Health Organization auf diese Punkte:

  • Die Zahl vorhandener und lebender Samenzellen im Eosin-Test
  • Ihre Beweglichkeit
  • Die Morphologie, die Form der Spermien
  • Das Probenvolumen
  • Die Zusammensetzung der Samenflüssigkeit
  • Leukozytennachweis für Entzündungen und bakterielle Infektionen

Das Labor trägt die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung und die WHO-Kriterien in eine Tabelle ein, das sogenannte Spermiogramm. 

WHO 2010: Normwerte für ein normales Spermiogramm

Eine normale Probe zeigt als Untergrenze 1,5 Milliliter Ejakulat-Volumen und eine Spermienzahl von 15 Millionen pro Milliliter. Mit dieser Anzahl gilt der Mann als ausreichend fruchtbar. Hinzu kommen weitere Daten, beispielsweise die Zahl der beweglichen Spermien und ihre Vitalität, ihre äussere Form und der ph-Wert. Die wichtigsten Parameter sind:

  • Samenvolumen: ≥ 1,5 ml
  • Spermienkonzentration: ≥ 15 Mio./ml 
  • Spermienzahl im Ejakulat: ≥ 39 Mio.
  • Progressive Motilität: ≥ 32 %
  • Totale Motilität: ≥ 40 %
  • Normale Morphologie: ≥ 4 %
  • Leukozyten: < 1 Mio./ml
  • MAR Test zur Mixed antiglobulin reaction: < 50 %

Für ein komplettes Spermiogramm werden zudem immunologische und biochemische Analysen gemacht. Dazu zählt der MAR-Test zum Nachweis von Spermien-Antikörpern. Der Fructose-Test zeigt, ob die Samenbläschen funktionieren. Für die Funktionstüchtigkeit des Nebenhodens testen die Experten die Alpha-Glucosidase. Auch Zink spielt für die gesunde Prostata eine wichtige Rolle. Es ist ein Radikalenfänger, weshalb niedrige Werte auf Zellschäden hinweisen.

Was sagt das Spermiogramm über die Spermienqualität aus?

Sind alle Messwerte im Normbereich, ist theoretisch die volle Zeugungsfähigkeit vorhanden. Doch der Zustand des Spermas ist in der Einzelmessung natürlichen Schwankungen unterworfen. Der Kinderwunsch kann trotz guter Spermien ausbleiben. Ebenso kann sich auch bei schlechten Resultaten jederzeit spontan eine Schwangerschaft einstellen.

Vorsicht bei Heimtests

Zum Überprüfen der Spermaqualität gibt es zunehmend Eigentests für zu Hause, von denen Experten abraten. Sie zeigen zwar die Konzentration der Spermien, testen, nicht aber deren Qualität. Damit sei keine Aussage zur männlichen Fruchtbarkeit zu treffen.

So beeinflusst neben dem Zeitpunkt des letzten Samenergusses auch die Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika innerhalb der vergangenen drei Monate die Spermaqualität. Weitere Faktoren sind akute Infektionen und der Konsum von Nikotin und Alkohol.

Bei einem schlechten Spermiogramm, also Werten ausserhalb des Normbereichs, empfehlen Experten nach drei Monaten eine zweite Laboranalyse. Mit einer anderen Lebensweise, zum Beispiel weniger Saunagängen und einer gesunden Ernährung, können Männer in der Zwischenzeit furchtbarer werden. Erst nach einer weiteren Analyse ist es sinnvoll, medizinische Schritte einzuleiten. Auch wird erst nach drei negativen Tests von einer Sterilität ausgegangen.

Was die Krankenkasse in der Schweiz übernimmt

Rund 370 Franken kostet ein Spermiogramm. Die Schweizer Krankenkassen übernehmen die Kosten, wenn ein Arzt die Untersuchung verschrieben hat. Ohne eine ärztliche Verschreibung gibt es jedoch keine Kostenübernahme von der Grundversicherung.

Therapien nach der Ejakulatanalyse

Nach dem Spermiogramm geht die Behandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit weiter. Je nach Ergebnis, Alter des Paares, Fruchtbarkeit der Frau und Dauer des Kinderwunsches gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Leidet der Mann unter dem OAT-Syndrom, dem Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom, sind seine Spermatozoen zu wenig beweglich oder falsch geformte Spermien können nicht zur weiblichen Eizelle gelangen. Diese Diagnose zieht meist eine weitere detaillierte Untersuchung nach sich, um den Schweregrad zu bestimmen.

Bei nur leichter Subfertilität des Mannes oder ungeklärter Unfruchtbarkeit kommt die intrauterine Insemination infrage. Für die IUI wird die Samenflüssigkeit aufbereitet und unbewegliche Spermatozoen und Keime entfernt. Dadurch erhöht sich die Chance auf eine Befruchtung und eine Schwangerschaft.

Ist das Spermiogramm schlechter, kann meist nur noch eine künstliche Befruchtung den Traum vom eigenen Kind erfüllen. Für die In-vitro-Fertilisation sind mindestens ein bis zwei Millionen bewegliche Spermien nach der Aufbereitung nötig. Bei einer schweren Oligoasthenoteratozoospermie kommt die ICSI infrage. Für diese Methode der künstlichen Befruchtung sind nur wenige gesunde Spermien nötig.

Bei Azoospermie, wenn keine Spermien vorhanden sind, wird nach Spermien im Urin gesucht. Ist auch dort die Suche erfolglos, kann das Paar sich für eine Samenspende entscheiden. Vorausgesetzt es ist verheiratet.

Publiziert von der Redaktion

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