Häufige Fehler bei KinderwunschDiese 11 Irrtümer sollten Paare kennen

Der Wunsch nach einem Kind ist zutiefst menschlich. Doch eine Schwangerschaft ist nicht planbar. Franziska Wirz vom Verein appella über die 11 häufigsten Irrtümer von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch.

Die häufigsten Fehler von Paaren mit Kinderwunsch
Nach der Hochzeit schwanger werden: Im Leben können Paare vieles planen, die Erfüllung vom Kinderwunsch gehört aber nicht dazu. © Unsplash

Die Vorfreude auf ein Baby kann riesig sein, genau wie die Enttäuschung, wenn sich nicht so schnell wie erhofft eine Schwangerschaft einstellt. Diese Erfahrung macht Franziska Wirz vom Beratungsdienst appella. Frauen, Männer, Paare melden sich bei dem unabhängigen Verein und bitten um Hilfe, Unterstützung und Austausch rund um das Thema Kinderwunsch. Die elf häufigsten Irrtümer.

1. Alles genau planen

«Die Erfüllung des Kinderwunsches ist zeitlich nicht planbar», sagt Wirz. «Wir erleben, dass Frauen bereits ihren Job aufgegeben haben, Paare in eine grössere Wohnung gezügelt sind, weil sie davon ausgingen, bald schwanger zu sein. Dann wird es sehr belastend, es nicht zu sein und jeden Tag an dem leeren Kinderzimmer vorbeizulaufen.» Vor allem für Paare, die bisher viel Erfolg mit ihrer Lebensplanung gehabt hatten, sei die Enttäuschung besonders gross, so Wirz. «Denn plötzlich sehen sie, dass vieles planbar ist, aber genau das nicht.»

2. Ungeduldig sein

Frauen sind zu früh verunsichert, wenn sie nicht sofort schwanger werden, findet Wirz. «Früher hiess es, dass Frauen bis 35 Jahre ruhig zwei Jahre warten können, bis sie einen Arzt kontaktieren. Nun empfehlt die Fortpflanzungsmedizin nur noch ein Jahr Wartezeit»,  sagt Wirz. Frauen sollten sich und ihrem Körper mehr Zeit geben. «Oft braucht es eine Weile, bis der Körper nach einer langen Pilleneinnahme oder anderer hormoneller Verhütung wieder seinen Rhythmus findet.»

3. Falscher Ansprechpartner

Mit wem sich Frauen und Männer über ihren Kinderwunsch austauschen und was ihnen in diesen Gesprächen geraten wird, kann weitreichende Folgen haben. Einige Kinderwunsch-Coaches seien zum Beispiel oft nicht unabhängig. Bei den ersten Abklärungen bei der Gynäkologin sollte sich die Frau wohl und ernstgenommen fühlen, rät Wirz. Frauen sollten sich auch diese Fragen stellen: «Nimmt sich die Ärztin genügend Zeit? Kann ich in Ruhe alle Fragen stellen?»

4. Nur die Frau muss sich um die Fruchtbarkeit bemühen

Es sind immer zwei beteiligt, wenn es um eine Schwangerschaft geht. Klappt es nicht, wird oft zuerst die Frau untersucht. «Dabei ist ein Spermiogramm beim Mann doch gar nicht so eine grosse Sache», findet Wirz. Allerdings gibt es keinen Grund, beim ersten nicht so guten Spermiogramm zu verzweifeln. »Ein einmaliger Testergebnis ist nicht in Stein gemeisselt. Ein zweites und drittes Spermiogramm geben ein aufschlussreicheres Bild», beruhigt Wirz und betont: «Die Traditionelle Chinesische Medizin, die Pflanzenheilkunde oder auch die Homöopathie stehen auch dem Mann offen.»

5. Die Zeit zu zweit nicht mehr geniessen

Wenn sich alles um den Kinderwunsch dreht, leidet meist die Beziehung darunter. «Dabei sollte das Paar die Zeit zu zweit noch geniessen», empfiehlt Wirz. Denn nach der Geburt werde es diese kaum noch geben. Und Paare sollten sich fragen, was der Beziehung gut tut. «Es kommt vor, dass Paare nicht mehr verreisen und die Frau keinen Alkohol mehr trinkt, das Leben wird ganz auf den Kinderwunsch ausrichtet, das blockiert», findet Wirz. 

Auch Sex nach Plan könne die Beziehung belasten und sich negativ auf die Sexualität auswirken. «So macht zum Bespiel die Frau dem Mann Vorwürfe, wenn der zum Eisprung auf Aussendienst ist.» Viel besser sei ein Zickzack-Kurs nach Lust und Laune, ganz ohne Zeitplan, findet Wirz.

6. Sich keine Grenze setzen

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch probieren immer mehr Methoden aus, in wechselnden Kliniken mit neuen Ärzten. Immer wird ihnen wieder neue Hoffnung gemacht. Und doch stellt sich keine Schwangerschaft ein.

Hilfe bei unerfülltem Kinderwunsch

Wann welche Abklärungen durchgeführt werden sollten und über die Risiken und Chancen der diversen Behandlungsmethoden gibt die appella-Broschüre  "Der unerfüllte Kinderwunsch - wie gehen wir damit um?" Auskunft. Sie wird kostenlos per A-Post verschickt.

Das ist eine körperlich und psychisch sehr belastende Zeit. Und wie lässt sich der Ausstieg aus der Behandlungsspirale schaffen? Diese Frage wird bei appella häufig gestellt. Daher der gute Rat: «Paare sollten sich im Vorhinein darüber klar werden, wie weit sie für ihren Kinderwunsch gehen möchten und können», sagt Wirz.

7. Viel Geld ausgeben

Statt viel Geld für Ovulationstests oder gar verfrüht für die künstliche Befruchtung auszugeben, wäre es besser, den Zyklus auf natürliche Weise zu unterstützen, so Wirz. «Frauen können den eigenen Körper erforschen, ihre Temperatur messen, den Schleim beobachten, mehr über ihren Zyklus erfahren.» Alternativ gebe es auch schöne Methoden aus der Komplementärmedizin bei Kinderwunsch wie die Traditionelle Chinesische Medizin, die Pflanzenheilkunde oder die Homöopathie.

8. Fruchtbarkeit als Konstante ansehen

«Bei fast allen Frauen und Männern existiert das Phänomen einer zeitweiligen Unfruchtbarkeit», erklärt Franziska Wirz. Verschiedene Lebensereignisse wie persönliche Krisen oder starke Veränderungen können dabei eine Rolle spielen. «Die Fruchtbarkeit ist ein vielschichtiger Vorgang, in dem körperliche, seelische und soziale Faktoren zusammenwirken.» 

9. Sich verrückt machen lassen

Die Slogans vieler Anbieter der Fortpflanzungsmedizin wie «abwarten ist riskant» oder «die biologische Uhr tickt» verunsichern die Paare mit Kinderwunsch unnötig, findet Wirz. Natürlich nehme die Fruchtbarkeit im Alter ab und 35-Jährige und ältere Frauen sollten nicht mehr zu lange warten, aber eine 28-Jährige müsse nicht nach einem halben Jahr in Panik verfallen.

10. Erfolgsstatistiken glauben

Die Paare müssen sich bewusst sein, dass das Geschäft mit der Hoffnung ein riesiges Business ist und die Erfolgsraten seit Jahren auf tiefem Niveau stagnieren», warnt Wirz. Die Anbieter der Fortpflanzungsmedizin würden vielmehr ihre Erfolgszahlen schönreden, wenn sie zum Beispiel auf ihre Schwangerschaftsraten hinweisen. «Diese sind nicht relevant. Denn viermal häufiger als bei der natürlichen Befruchtung kommt es sowohl nach einer Spermieninjektion direkt in die Eizelle (ICSI) als auch bei In-vitro-Fertilisation (IVF) zu Totgeburten.» Relevanter sei vielmehr die Baby-Take-Home-Rate und wie viele Behandlungszyklen eine Frau dafür durchstehen müsse.

11. Psychotherapeutische Beratung brauchen nur andere

Die Belastung bei unerfülltem Kinderwunsch, während der Behandlung und bei der Neuausrichtung des Lebens ohne ein eigenes Kind ist riesig. Bei grossem Leidensdruck sollten Paare deswegen eine psychotherapeutische Begleitung in Anspruch nehmen, empfiehlt Wirz. Vor einer künstlichen Befruchtung sollten sie sich zudem umfassend und von unabhängiger Seite informieren und beraten lassen.

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