Neuer Impfplan 2019Was sich bei Baby-Impfungen jetzt ändert
Ab März 2019 gilt in der Schweiz ein neuer Impfplan. Für Babys und Kleinkinder ändert sich einiges. Sie sollen weniger und früher geimpft werden. Die wichtigsten Fakten im Überblick.
Bis 2020 sollten die Masern in der Schweiz ausgerottet sein. Das wäre der Fall, wenn über ein Jahr keine endemischen Fälle mehr auftreten. Aber das Gegenteil ist eingetreten.
Die Masern sind wieder auf dem Vormarsch: Im Januar und Februar 2019 gab es in der Schweiz 50 Masernfälle. Laut dem Bundesamt für Gesundheit bedeutet dies im Vergleich zur selben Vorjahresperiode mit zwölf Fällen eine Zunahme von 317 Prozent.
Allein im Kanton Bern gab es 2019 schon 37 Masernfälle, im März durften Schüler wegen der ansteckenden Krankheit einige Tage nicht mehr zur Schule gehen. Kleinere Ausbrüche meldeten laut dem BAG seit Anfang des Jahres auch die Kantone Genf, Neuenburg, Waadt und St. Gallen. Betroffen waren viele Kinder, aber auch Erwachsene, die beruflich mit Kindern arbeiten.
Masernimpfung für Babys wird vorgezogen
Die Behörden sind alarmiert und begrüssen, dass eine grosse Neuerung bevorsteht: Der nationale Impfplan wird im März 2019 umgestellt. Eine zentrale Änderung: Die Masernimpfung für Babys wird vorgezogen.
«Das ist eine Revolution», sagt Kinderärztin Susy Schmid aus Zumikon, Zürich. «Das gab es in über 30 Jahren nicht.» Sie begrüsst die Planänderung. «Andere Länder haben es schon längst gemacht.» Durch die Migration, ungeimpfte Flüchtlinge und Impfgegner sei die Krankheit wieder auf dem Vormarsch, so Schmid.
Bisher wurden die Kinder mit zwölf Monaten und das zweite Mal mit 24 Monaten gegen Mumps, Masern und Röteln geimpft.
Jetzt empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit eine Dosis mit neun Monaten und eine zweite mit zwölf Monaten. «Empfohlen wird zudem die Kombination gegen die Windpocken als Vierfachimpfung», sagt Schmid.
Weitere Änderungen im Impfplan 2019
Der neue Impfplan vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF) sieht nicht nur eine frühere Immunisierung gegen Masern vor. Auch bei anderen Impfstoffen gibt es Neuerungen. Die Tendenz: Es wird weniger und früher geimpft. Laut BGA wird diese Vereinfachung, die bereits viele andere Länder anwenden, durch die «epidemiologische Situation in der Schweiz und die Daten zur Wirksamkeit ermöglicht».
Basisimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B
Bisher wurde die Immunisierung gegen diese Krankheiten in vier Schritten gemacht. Im Alter von 2, 4 und 6 Monaten und mit 12 Monaten.
Nach dem neuen Impfschema werden die Babys im Alter von 2, 4 und 12 Monaten mit einem einzigen Sechsfachimpfstoff geimpft. Die Impfung im Alter von 6 Monaten entfällt. «Es hat sich gezeigt, dass drei Dosen genügen», bestätigt Schmid.
Heptatits B
Gegen Hepatitis B wurde bisher nur geimpft, wenn das der Arzt, dies für notwendig empfand.
Neu wird die Impfung gegen Hepatitis B bereits für Säuglinge empfohlen. «Eine weltweite Anpassung», so Schmid. In den USA würden Säuglinge schon seit zwanzig Jahren geimpft.
Pneumokokken
Die Impfung gegen schwere Pneumokokken-Erkrankungen wie Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen war bisher eine empfohlene Zusatzimpfung für Kinder unter fünf Jahren.
Neu wird sie als Basisimpfung im Alter von 2, 4 und 12 Monaten empfohlen. «Zum Glück sind die Pneumokokken nun endlich in der Basisimpfung», betont die Kinderärztin Schmid. Die Krankheit sei sehr gefährlich und sei nun auch öffentlich so deklariert.
Diese Änderungen ergeben sich für die Eltern
Für die Eltern ändert sich wenig. Sie gehen weiterhin mit ihrem sechs Monate alten Baby zur Halbjahreskontrolle. «Diese ist nun eine reine Vorsorgeuntersuchung ohne Impfung», sagt Schmid.
Dafür gehen sie neu zum Kinderarzt, wenn ihr Kind neun Monate alt ist. Denn dann findet die erste Masernimpfung statt.
Ausserdem müssen sich die Eltern entscheiden, ob sie die neuen Impfempfehlungen für Hepatitis B und Pneumokokken annehmen oder nicht. Werden die Impfungen durchgeführt, wird das Kind nicht weniger als zuvor geimpft.
Wie sich die Masern-Impfzahlen in der Schweiz entwickeln
Die Impfzahlen der WHO für die Schweiz haben in den vergangenen Jahren eine gute Tendenz gezeigt. Die Impfzahlen stiegen: 87 Prozent der Zweijährigen und 93 Prozent der 16-Jährigen waren 2018 mit zwei Dosen geimpft.
Laut BGA sei dieser Erfolg jedoch fragil, da eine Masernelimination nur erreicht werden könne, wenn mindestens 95 Prozent der Kinder sowie alle nach 1963 geborenen Erwachsenen mit zwei Dosen geimpft werden.
Die Masernimpfung besteht weiterhin aus zwei Dosen für eine Immunisierung. In manchen Fällen wie bei einem Kind in Neuenburg hat die Impfung aber nicht angeschlagen. Laut der Eidgenössischen Kommission für Impffragen ist dies bei rund fünf Prozent der Geimpften bei Masern und Röteln der Fall, bei Mumps werden 10 Prozent nicht immun.
Neben Personen, die trotz Impfung nicht gegen die Viruserkrankung immun sind, sind besonders Babys unter einem Jahr und nicht geimpfte schwangere Frauen gefährdet. Steckt sich eine Schwangere mit dem Masernvirus an, können die Viren durch die Plazenta gelangen und das Kind infizieren. Bei jeder vierten Frau kommt es zu frühzeitigen Wehen, die in einer Früh- oder Fehlgeburt enden.