VorsorgeuntersuchungNeugeborenenscreening: Kleiner Piks für ein gesundes Leben
Es ist nur ein kleiner Piks in die Ferse, der kaum zu spüren ist. Kindern und Eltern kann er jedoch viel Leid ersparen. Die Rede ist vom Neugeborenenscreening. Wie sich damit vor allem Stoffwechselerkrankungen frühzeitig erkennen und behandeln lassen.
Es gilt der Grundsatz: Vorbeugen ist besser, als heilen. Krankheiten, die möglichst früh erkannt werden, lassen sich naturgemäss leichter therapieren. Genau das umschreibt den Grundgedanken des Neoscreenings. Es handle sich dabei um eines der erfolgreichsten und kostensparendsten Präventionsprogramme in der Medizin, so Gabor Szinnai, leitender Arzt am Universitäts-Kinderspital in Basel. Die Kosten des Screenings werden von der Krankenkasse übernommen.
Im Fokus des Neugeborenenscreenings stehen vor allem Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen. Statistisch gesehen wird eines von 1000 Babys mit solch einer Erkrankung geboren. Bleibt sie unentdeckt oder beginnt die Behandlung zu spät, kann das dramatische Folgen haben. Es macht folglich tatsächlich Sinn, dass in der Schweiz alle Neugeborenen mit einem Bluttest an der Ferse direkt auf diese Krankheiten hin untersucht werden.
Wie läuft das Neugeborenenscreening ab?
Das Neoscreening findet am dritten oder vierten Tag nach der Geburt statt. Entweder wird es noch im Spital oder dann beim Kinderarzt durchgeführt. Der Arzt ritzt dabei eine der beiden Fersen des Babys an und entnimmt ein paar wenige Bluttropfen. Ein herkömmliches Pflaster genügt in der Regel, um die klitzekleine Wunde zu schützen.
Das auf diese Weise entnommene Blut wird anschliessend auf einem Filterpapierstreifen platziert und an das Labor des Kinderspitals in Zürich geschickt. Dort werden zentral alle Blutuntersuchungen im Rahmen des Neoscreenings in der Schweiz vorgenommen und ausgewertet. Das Spital befolgt dabei einheitliche Untersuchungskriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Untersuchungsergebnis geht anschliessend zurück an den behandelnden Arzt, der es mit den Eltern bespricht.
Welche Krankheiten werden untersucht?
Das Neoscreening ist ein klassischer Reihen- oder Suchtest. Dabei können natürlich nicht alle nur denkbaren Erkrankungen untersucht werden. Man beschränkt sich deshalb weltweit auf jene Krankheiten, die relativ häufig vorkommen und verhältnismässig leicht zu entdecken sind.
Konkret wird beispielsweise auf folgende Krankheiten hin getestet:
- Primäre Hypothyreose: Damit ist ein Mangel an Schilddrüsenhormon gemeint, der die körperliche und geistige Entwicklung einschränkt.
- Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MCAD-Mangel): Bei häufigen Kinderkrankheiten wie Fieber sollte der Körper auf Fettreserven zurückgreifen können. Da diese Krankheit eine Störung im Abbau von Fettsäuren im Fettgewebe ist, führt es in dem Falle zu Unterzuckerung, Schläfrigkeit oder Krämpfe.
- Galaktosämie: Bei dieser Krankheit vertragen Babys keinen Milchzucker. Das Füttern mit Milch beeinträchtigt in diesem Fall die Leber, Nierenfunktion und den Sehnerv.
- Zystische Fibrose (CF): Hier findet eine Störung des Salzaustausches in den Zellen statt. Eine chronische Entzündung der Atemwege ist die Folge.
- Phenylketonurie (PKU)
- Wie wirkungsvoll die Neugeborenenscreenings sind, lässt sich am Beispiel der Phenylketonurie deutlich machen. PKU ist eine der am häufigsten vorkommenden Stoffwechselstörungen, die ohne Behandlung zu schweren Hirnschäden und geistigen Entwicklungsstörungen führen kann. Von 100 Patienten in Einrichtungen für Personen mit Handicap und psychiatrischen Anstalten litt früher mindestens einer an PKU.
Das hat sich zwischenzeitlich geändert und beschränkt sich auf einen kleinen Rest. Grund dafür ist der frühzeitige Beginn der Behandlung der Krankheit nach dem Neugeborenenscreening.
Wie sich das Neugeborenenscreening bis heute entwickelt hat
Mittlerweile findet das Neoscreening jährlich rund 80’000 mal in der Schweiz statt. Seit seiner Einführung in den 1990er Jahren hat es sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Kinder und Eltern profitieren gleichermassen davon. Zwar kann das Screening keine hundertprozentige Garantie bieten. Ein kleiner Piks sorgt aber dennoch für mehr gesunde Babys in der Schweiz.