Papi-ZeitSo ist der Vaterschaftsurlaub in der Schweiz geregelt
Ein gesetzlicher Vaterschaftsurlaub in der Schweiz gibt es bisher nicht: Am 27. September kommt jedoch eine Vorlage für eine zweiwöchige Papi-Zeit zur Abstimmung vors Volk. Paare, die nach der Geburt ihres Kindes mehr Zeit zusammen verbringen möchten, haben bisher nur eine Option.
Viele junge Paare möchten sich heute gemeinsam und gleichberechtigt der Pflege und Erziehung ihrer Kinder widmen. Aber lässt die Rechtslage in der Schweiz das überhaupt zu? Nicht nur beim Vaterschaftsurlaub gibt es leider noch viel Nachholbedarf.
Frauen erhalten nach der Geburt eines Kindes Mutterschaftsentschädigung. Diese wird ab dem Tag der Geburt längstens für 98 Tage, also immerhin 14 Wochen, bezahlt. Für frisch gebackene Väter gibt es in der Schweiz bisher keine vergleichbare Regelung zum Mutterschaftsurlaub.
Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten in Zusammenhang mit familiären Ereignissen lediglich für eine angemessene Zeit freistellen. Üblich ist bei der Geburt eines Kindes aber nur ein Tag, sofern der Arbeitsvertrag keine abweichenden Vereinbarungen vorsieht.
Vaterschaftsurlaub in der Schweiz auf freiwilliger Basis
Zwar haben Väter gesetzlich kein Recht auf einen Vaterschaftsurlaub, in der Praxis wird er aber immer häufiger freiwillig gewährt. Vor allem bei grossen Unternehmen findet langsam ein Umdenken statt. Sie bieten jungen Vätern zwischen drei und 21 Tagen Sonderurlaub. Vorreiter im Jahr 2019 ist der Pharmakonzern Novartis, der seinen Mitarbeitern 14 Wochen Mutterschaftsurlaub gewähren möchte. Coop und Migros machen schon 15 Tage Urlaub möglich.
Das Wichtigste in Kürze
- Derzeit gibt es zumindest auf Bundesebene kein Pendant zum Mutterschaftsurlaub für Väter.
- Junge Väter wird meist nur ein Tag Sonderurlaub gewährt.
- Bei grossen Unternehmen und dem Bund findet aber langsam ein Umdenken statt.
Auch die Schweizer Staatsinstitutionen gehen mit gutem Beispiel voran. Die Bundesbehörden gewähren Vätern zehn Tage Urlaub und machen es jungen Eltern darüber hinaus möglich, ihr Arbeitspensum nach der Geburt eines Kindes um 20 Prozent zu reduzieren.
Bei manchen Unternehmen gibt es aber auch nur einen freien Tag. Es lohnt sich deshalb, schon bei der Vertragsverhandlung genau nachzufragen.
In manchen Branchen ist der Sonderurlaub zu Geburt eines Kindes, Hochzeit und Todesfällen naher Verwandter im Gesamtarbeitsvertrag, GAV, geregelt. Gibt es diese nicht, zählt die allgemeine Regelung des Betriebs und des individuellen Vertrags.
Aus Sicht vieler Schweizer ist das aber noch lange nicht genug. Das Schweizer Fernsehen hat seine Zuschauer zu diesem Thema befragt und immerhin 46 Prozent der Antwortenden waren der Auffassung, dass der Vaterschaftsurlaub in der Schweiz zu kurz ausfällt.
Vaterschaftsurlaub fördert die gelebte Gleichberechtigung
Schwangerschaft und Geburt sind für die meisten Frauen sowohl körperlich als auch emotional extrem anstrengend. Gleich nach der Geburt einen Säugling alleine zu versorgen, ist eigentlich gar nicht zumutbar. Früher wurden die jungen Mütter durch Familienangehörige entlastet. Heute leben werdende Eltern aber nicht mehr in Familienverbänden, sondern meist zu zweit. Es wird also eine andere Form der Arbeitsteilung nötig.
Darüber hinaus setzt eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben die gleichberechtigte Teilhabe der Männer an der Haus- und Familienarbeit voraus. Die derzeitige Rechtslage macht das aber gerade in der prägenden Phase nach der Geburt, wenn die Paare ihre Rollen neu verteilen, unmöglich. Dass es auch anders geht, zeigen die europäischen Nachbarn. Dort gibt es zwar auch kein Pendant zum Mutterschutz für Männer, aber immerhin Erziehungsurlaub und Elternzeit, den Vätern ebenso wie Mütter einfordern können.
Die Schweizer Volksinitiative zum Vaterschaftsurlaub
Die Volksinitiative zum Vaterschaftsurlaub fordert einen vierwöchtigen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Diese 20 Tage soll der Mann flexibel und tageweise innert einem Jahr nach der Geburt beziehen können. Denn es sei unhaltbar, dass es nach einer Geburt gleich viel bezahlte freier Zeit wie bei einem Wohnungswechsel gebe, so die Initianten.
Nicht über vier Wochen, dafür über zwei Wochen stimmen wir nun am 27. September ab. Alle Infos zur Vorlage finden Sie hier.