Notfall, gewünscht oder geplantWenn das Baby mit Kaiserschnitt zur Welt kommt

In der Schweiz kommt jedes dritte Kind im Operationssaal zur Welt, eine der höchsten Raten in Europa. Wann die Sectio infrage kommt und wie der Kaiserschnitt abläuft.

Der Ablauf vom Kaiserschnitt
Die Kaiserschnittnarbe ist noch lange nach der Operation sichtbar. © iStock / Getty Images Plus

Obwohl sich viele Frauen in der Schweiz eine natürliche Geburt wünschen, wird jedes dritte Kind mittlerweile per Kaiserschnitt entbunden. Laut aktuellen Studien ist die Tendenz aber leicht rückläufig.

Laut dem Bundesamt für Statistik ist der Anteil der Operationen von 2014 bis 2017 um 1,4 Prozent gesunken. 2017 wurden bei 32,3 Prozent der Spitalgeburten ein Kaiserschnitt durchgeführt. Im europäischen Vergleich weist die Schweiz damit eine sehr hohe Rate auf. Im Vergleich zu anderen Geburtsarten ebenfalls: Nur ein Zehntel, 11,1 Prozent, der Babys kamen mit Saugglocken- oder Zangengeburten auf die Welt. Eine vaginale normale Geburt schafften 2017 mehr als die Hälfte, 56,6 Prozent, der Kinder.

Gründe für einen Kaiserschnitt

Für einen Kaiserschnitt kann es zahlreiche medizinische Gründe geben. Am häufigsten wird laut dem Bundesamt für Statistik ein Kaiserschnitt durchgeführt, wenn sich zum Ende der Schwangerschaft abzeichnet, dass es sich um eine Geburt in Beckenendlage handelt, insgesamt bei 94 Prozent. Auch bei Mehrlingsgeburten wird bei 79,9 Prozent zu der Operation geraten. Ein weiterer Grund für den Eingriff ist, wenn sich das Kind in einer anormalen Position befindet, zum Beispiel quer liegt.

Kaiserschnitt auf Wunsch

Das Wichtigste in Kürze

  • Kaiserschnitte werden nicht nur in Notfällen durchgeführt, sondern auch geplant oder auf Wunsch der Gebärenden.
  • Der Kaiserschnitt erfolgt mit örtlicher Betäubung oder unter Vollnarkose.
  • Die Wundheilung und Erholungsphase nach einem Kaiserschnitt dauert mehrere Wochen.
  • Auch bei Kaiserschnitten ist das Bonding direkt nach der Geburt möglich.

Sehr verbreitet ist gemäss der Zahlen des BFS der operative Eingriff bei schwangeren Frauen ab 40 Jahren. Mit 45,6 Prozent gebärt fast jede zweite Mutter im Operationssaal.

Weitere medizinische Indikationen für einen geplanten Kaiserschnitt sind eine Infektionskrankheit bei der Mutter, die Grösse des Kindes im Verhältnis zum Becken der Mutter sowie ein unterschiedlicher Rhesusfaktor bei Mutter und Kind. Zudem sind der gesundheitliche Zustand oder die Lage des Kindes für die Entscheidung über die Art der Geburt ausschlaggebend.


Auch bei einer normalen Spontangeburt im Gebärsaal können unerwartet Situationen auftreten, die einen Notkaiserschnitt, eine sekundäre Sectio, nötig machen. Gerade deswegen raten Hebammen Frauen sich während der Schwangerschaft auch mit nicht gewünschten Geburtsabläufen vertraut zu machen. Es liege zwar, so Ingeborg Stadelmann in ihrem Buch die «Hebammensprechstunde», in der Natur der Sache, dass eine Frau zuversichtlich in die Zeit der Geburt gehen sollte. Nachher könne sie die Enttäuschung ebenfalls verstehen, denn ein ungeplanter Kaiserschnitt sei nicht so lässig zu verdauen.

Viele Frauen entscheiden sich aus privaten Gründen während der Schwangerschaft für einen Wunschkaiserschnitt. Ob Sectio caesarea oder normale Geburt – dies sollte allein die Entscheidung der Schwangeren sein. Jedoch ist es wichtig, vorher gut über die Komplikationen und Risiken eines geplanten Kaiserschnitts sowie dessen Ablauf informiert zu sein.

Konsequenzen einer operativen Entbindung

Nach einem Bauchschnitt wie dem Kaiserschnitt, dauert es mehrere Wochen, bis sich die Frau erholt hat und frei von Schmerzen ist. Schliesslich misst die Naht nach der Bauch-OP zwischen zwölf bis 15 Zentimeter. Die Wunde reicht durch mehrere Gewebeschichten. Erst nach zwei oder drei Tagen können die meisten wieder aufstehen, weite Wege sind dann erstmal noch nicht möglich. Zudem besteht das Risiko, dass die Wunde nicht gut abheilt oder sich entzündet. 

Für diese Zeit ist die frisch gebackene Mutter auf viel Unterstützung angewiesen. Sie sollte in den ersten Tagen oder besser Wochen nach der Entbindung nicht lange alleine bleiben, denn sie wird sie physisch und manchmal auch psychisch nicht in der Lage sein, sich allein um das Baby zu kümmern. Auch die Hebamme wird häufiger vorbeikommen und regelmässig die Wundheilung prüfen. Eine gute Nachricht: Das Stillen ist mit den Schmerzmedikamenten kein Problem und der Milcheinschuss kommt oft rasch in Gang.

Gut zu wissen: War die erste Geburt ein Kaiserschnitt, empfehlen Ärzte zwei Jahre, wenn bei einer weiteren Schwangerschaft eine normale Geburt gewünscht wird. Erst dann ist das Gewebe gut genug verheilt, um den Geburtswehen standzuhalten.

Ablauf eines geplanten Kaiserschnitts

Beim Kaiserschnitt muss der Ablauf gut geplant sein, meist liegt der Termin einige Tage oder sogar zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. Obwohl der operative Eingriff heute Routine ist, gibt es dennoch Risiken. Schliesslich ist es eine grosse Operation an Bauch und Gebärmutter. Deshalb ist für einen geplanten Kaiserschnitt im Vorfeld, zum Ende der Schwangerschaft, immer ein intensives Beratungsgespräch mit dem Arzt im Geburtsspital nötig.

Vor dem geplanten Kaiserschnitt wird eine Periduralanästhesie, kurz PDA, gelegt. Dies ist eine örtliche Betäubung und wird über eine Rückenmarkspritze, die sogenannte Spinalanästhesie, durchgeführt. Eine Vollnarkose kommt heute nur noch bei Notfällen vor, wenn es sehr schnell gehen muss. 

Durch die Schleuse kommt die Frau in den OP-Saal. Dort wird ein Tuch über dem Oberkörper der Frau hochgespannt, das sie vor dem Anblick der Operation an ihrem Unterleib im OP-Saal schützt. Der Geburtsbegleiter darf ebenfalls dabei sein. Er nimmt neben der Frau Platz und kann ihr gut zusprechen. Vor dem Blick auf den offenen Unterleib werden ihn die Ärzte mit Sicherheit mehrfach warnen. 

Im OP-Saal bekommt die Frau einen Urinkatheter, der Bauch wird desinfiziert und der Körper mit sterilen Tüchern abgedeckt, der Gesundheitszustand der Schwangeren wird mithilfe vom einem EKG überwacht.

Sobald die Schwangere wirklich schmerzfrei ist, wird ein horizontaler Schnitt unterhalb der Schamhaargrenze gemacht. Dafür wird meist die Misgav-Ladach-Methode angewendet – mit dem Skapell werden die oberste Hautschicht und die Gebärmutter geöffnet. Die tieferen Schichten der Bauchwand dehnt der Operateur mit den Fingern und reisst sie sanft ein. Denn so wächst das Gewebe später wieder besser zusammen. Missverständlich wird diese Methode deshalb als «sanfter Kaiserschnitt» bezeichnet.

Bis die Ärzte das Kind aus der Gebärmutter entnehmen, dauert es nur wenige Minuten. Dann lösen sie die Plazenta heraus und nabeln das Kind ab. In dieser Zeit wird oft ein Ruckeln und Schieben im Unterleib gespürt, aber keine Schmerzen. Anschliessend müssen sowohl Gebärmutter sowie alle Bauchschichten vernäht werden. Das dauert meist einiges länger als der Schnitt und die Geburt, etwa 30 bis 45 Minuten.

Ist die Wunde vernäht, wird die Frau in ein Bett gehoben und zurück in den Gebärssaal gebracht. Dort warten meist schon Papi und Baby auf ihre Rückkehr. Die Untersuchung beim Kinderarzt, das Messen und Wiegen haben sie dann schon geschafft. Zum Stillen ist jetzt der richtige Moment. Im Gebärsaal kann die neue Familie in den nächsten Stunden Ruhe finden, bevor es zum Bett auf die Station geht. Meistens bleiben sie die nächsten fünf Tage im Spital.

Mutter und Baby halten eine starke Bindung.
Willkommen auf der Welt! Neugeborenes mit seiner Mutter. © Handemandaci / E+

Ablauf der Kaisergeburt: Die bessere Alternative?

Anders als bei einer normalen Sectio wird das Sichtschutztuch nicht gespannt. Die Eltern können dadurch die Operation verfolgen und sehen, wie ihr Baby aus dem Bauch gehoben wird. Dafür wird auch das Licht im Operationssaal gedimmt. Zuerst wird das Köpfchen sichtbar, dann folgen die Schultern und der ganze Körper. Ähnlich wie bei einer natürlichen Geburt. Der offene Bauch ist nicht im Blickfeld. Auf die Brust der Mutter gelegt, darf die Nabelschnur auspulsieren. Der Vater schneidet die Nabelschnur durch, während die Wunde schon wieder bei hochgespanntem Tuch vernäht wird. 

Bonding direkt nach der Geburt: Das ist möglich

Früher, als Kaiserschnitte nur unter Vollnarkose der Patientin durchgeführt wurden, lernten sich Mutter und Kind erst Stunden nach dem Eingriff kennen. Dank der Möglichkeit zur örtlichen Betäubung ist der erste Körperkontakt zwischen den beiden direkt nach der Geburt möglich. Die Mutter kann das Kind direkt, wenn auch nur kurz, an die eigene Brust nehmen. Dick eingepackt, denn im OP-Saal ist es ziemlich kalt.

Weitere Informationen

Mehr zum Thema Geburt, Kaiserschnitt und Vaginal Seeding bietet die Infobroschüre des Schweizerischen Hebammenverbands.

Meist übernehmen die Väter das Bonding. Sie nehmen das Kind entgegen, sobald es aus dem Bauch gehoben worden ist. Nach dem Wiegen, Messen und vielleicht anderen nötigen Untersuchungen warten Vater und Baby im gemütlich warmen Gebärsaal auf die Mutter.

Nach der örtlichen Betäubung kann das Baby sofort an der Brust gestillt werden. Nach einer Vollnarkose wird das Baby im Aufwachraum erstmals zum Stillen an die Brust der Mutter gelegt.

Das sogenannte Bonding stärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind, wird aber nicht in jedem Spital direkt nach der Geburt gewährleistet. Wenn Sie Ihr Baby gleich nach der Geburt sehen und spüren möchten, können die werdenden Eltern bei Infoveranstaltungen während der Schwangerschaft in Erfahrung bringen, welchen Stellenwert das Bonding in dem jeweiligen Spital hat. Auch dem Oberarzt sollten Sie bei der Geburt Ihren Wunsch mitteilen.

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