Liegen, sitzen, stehenDiese Geburtspositionen tun Ihnen gut
Wie werden Sie wohl Ihr Kind auf die Welt bringen? In der Hocke, im Stehen oder im Knien: Es gibt viele Geburtspositionen, die Mutter und Baby helfen. Nur eine macht häufig Probleme.
Die Geburt ist ein spannender, aber auch kräftezehrender Prozess. Eine wichtige Rolle für ihren Verlauf und das Empfinden der werdenden Mutter spielt dabei die Geburtsstellung. Heutzutage ist die Rückenlage relativ weit verbreitet. Doch ist sie auch die beste? Wir zeigen Ihnen wichtige Positionen. Doch Sie müssen sich nicht für eine entscheiden: Ein aktiver Haltungswechsel erleichtert die Geburt und verringert die Schmerzen.
Übersicht über die wichtigsten Geburtsstellungen
Im Wasser oder an Land gebären? Auf einer Matte, stehend an einem Seil, auf dem Mayahocker oder klassisch im Bett. Welche Position während der Geburt am angenehmsten ist, muss jede Frau für sich selbst herausfinden. Wichtig ist, dass es ihr auch möglich gemacht wird, sich zu bewegen. Nur so kann sie die Postionen finden, die ihr Sicherheit und Hilfe zugleich bieten.
1. Die Rückenlage
Die Rückenlage ist in europäischen Spitälern eine beliebte Position. Der Vorteil: Ärzte und Hebammen können die Vagina besser untersuchen und medizinisch leichter intervenieren. Doch sie ist nicht die beste Wahl. Neue Studien zeigen, dass das Liegen die Geburt sogar erschwert und Komplikationen auslöst. Bis auf die Position, an den Füssen aufgehängt zu sein, sei die Rückenlage die denkbar schlechteste für die Wehen und die Entbindung, finden viele Geburtshelfer und plädieren deswegen für eine Rückkehr zur natürlichen Geburt. Frauen sollen aktiv und aufrecht gebären.
Der Hauptgrund: In der Rückenlage kann der schwere Uterus die Hauptschlagader abdrücken. So geringere Durchblutung hemmt die Wehen hemmen und belastet den Kreislauf des Babys. Im schlimmsten Fall kann durch das sogenannte Vena-cava-Syndrom zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff führen. Doch sie ist auch unproduktiv, weil sie nicht die natürliche Schwerkraft nutzt und sie ist kräftezehrend, weil die Frau sich bei den Wehen hochstemmen muss.
Die Rückenlage kommt nach einer Epiduralanästhesie, bei sehr schnellen Geburten sowie Ermüdung infrage. In der Seitenlage kommt es seltener zum Dammriss. Zudem eignet sich die Position für Frauen mit Bluthochdruck und Hämorrhoiden.
2. Stehende Haltung
Die stehende Position ist in zahlreichen Kulturen verbreitet. In aufrechter Haltung profitiert der Geburtsprozess von der Schwerkraft und die Wehen sind nicht so schmerzhaft.
Die Sauerstoffversorgung des Kindes verbessert sich. Zudem entspannt sich das Becken im Stehen automatisch. Dadurch vergrössert sich der Durchmesser des Beckens, der Kopf des Kindes passt besser hindurch. Beim Stehen kann sich die Frau an einem an der Decke befestigten Seil oder eine Schlaufe festhalten. Das gewährt genau wie eine Sprossenwand Halt und Bewegungsfreiheit gleichermassen.
3. Sitzende Haltung
Die sitzende Position hat den Vorteil, dass sie Rückenschmerzen reduziert. Zugleich nutzt diese Haltung die Schwerkraft aus und führt zu einer Entspannung des Beckenbodens. Diese Position ermöglicht es der werdenden Mutter, sich eine Weile auszuruhen, falls der Geburtsprozess stagniert. Abgestützt mit Kissen, kann sie sich in der Wehenpause erholen. Auch Gymnastikbälle oder spezielle Geburtsstühle und Gebärhocker mit mittiger Aussparung wie der sogenannte Mayahocker, sind ein gute Plätze für eine kurze Pause.
4. Hockende Haltung
Eine beliebte Position in der dritten Geburtsphase ist, wenn sich der Partner auf einen Stuhl setzt und die Frau mit dem Rücken zu ihm in die Hocke geht. Dadurch wird sie sanft am Rücken abgestützt, das Becken öffnet sich weit, die Schwerkraft hilft Mutter und Baby bei der Geburt.
5. Kniende Haltung
In dieser Haltung stützt sich die werdende Mutter mit Knien und Händen oder Ellenbogen auf dem Boden ab. Eine Alternative zu diesem Vierfüsslerstand ist, von dem Partner und der Hebamme auf jeder Seite abgestützt zu werden. In dieser Position bekommt das Kind hervorragend Sauerstoff und die Rückenschmerzen lassen nach. Zudem fördert in dieser Haltung die Schwerkraft den Geburtsprozess und das Pressen fällt leichter. Der Nachteil: Diese Position wird rasch sehr anstrengend und es muss eine neue Haltung gesucht werden.
Vorteile der aufrechten Positionen
Neuen Studien zufolge haben aufrechte Gebärpositionen nur einen zentralen Nachteil: Die Geburtshelfer müssen sich auf die Knie und den Boden begeben, um den Muttermund abzutasten oder andere Untersuchungen durchzuführen. Die werdende Mutter hat ein höheres Risiko mehr Blut zu verlieren bei der Geburt. Aber insgesamt haben diese «primitiven» Haltungen viele Vorteile:
- Die Schwerkraft hilft
- Besseres Körpergefühl
- Entspannteres Becken
- Weniger Rückenschmerzen
- Bewegung bringt die Wehen in Gang
- Die finale Geburtsphase verläuft schneller
- Kommunikation auf Augenhöhe mit den Geburtshelfern
- Mehr Selbstbestimmtheit
- Das Cava-Syndrom kann nicht auftreten
- Dammschnitte sind seltener nötig
- Die Nachgeburt kommt schneller
Wann ist welche Position die beste?
Die Antwort hängt ganz vom individuellen Empfinden der werdenden Mutter ab, keine Position ist grundsätzlich die beste. Wichtig ist, auf die eigene Intuition zu hören und die Position immer dann zu wechseln, wenn es sich richtig anfühlt.
Das Ziel ist ein aktiver Geburtsvorgang, den die Frau durch die Anwendung verschiedener Haltungen selbst bestimmt. Emfit, das Qualitätslabel für Gesundheitsförderung aus Basel, weist darauf hin, dass «das Ausprobieren unterschiedlicher Geburtsstellungen» schon Teil der Geburtsvorbereitungen sein sollte.
Aber auch das Umfeld der Geburt hat einen wichtigen Einfluss auf die Geburtspositionen. In den Spitälern in der Schweiz gebären neun von zehn Frauen ihre Kinder halb sitzend auf dem Bett. Im Unispital Zürich sind es 85 Prozent, im Kantonsspital Luzern sind es gut 90 Prozent. In den Geburtshäusern sieht es anders aus: über die Hälfte der Frauen wählt dort den Vierfüsslerstand, 20 Prozent den Gebärhocker. Für das Liegen entscheiden sich nur die wenigsten.